Garten-Architektur in Halle: Der Amtsgarten

Sprechende Pergola im Amtsgarten am Giebichenstein

Eine „sprechende“ Pergola erzählt dem Besucher im halleschen Amtsgarten von berühmten Menschen, die hier, gleich neben der Burg Giebichenstein, lustwandelten. Die Pergola auf dem nördlichen Plateau des Gartens ist mit Bildtafeln ausgestattet, die Porträts berühmter Besucher zeigt, meist Dichter oder Künstler – Johann Wolfgang Goethe, Joseph von Eichendorff oder Clemens Brentano.

Die Pergola spricht tatsächlich: Mithilfe von QR-Codes erzählen per Smartphone diese Persönlichkeiten von ihren Besuchen an der romantischen Saaleburg-Ruine und im nur wenige Meter entfernten Reichardt´s Garten. Der Dichter Brentano beispielsweise.

Er hatte 1797 ein Jahr in Halle studiert und kehrte immer wieder gern in das romantische hallesche Gartenreich mit dem Giebichenstein zurück. 1809 etwa blieb er so lange, dass sein Freund Achim von Arnim besorgt aus Berlin schrieb: „Herzensbruder, bist Du krank oder verliebt?“ Tatsächlich war Brentano krank – er hatte sich den Fuß verstaucht.

Vielleicht geschah dies ja bei einem Spaziergang durch den Amtsgarten. Der noch barocke Gartenteil mit seinen geraden Wegen bot dafür wenig Gelegenheit, aber die Treppen und Wege hinauf auf den Römerberg über dem Saaletal dürften schon damals tückisch gewesen sein.

Die „sprechende“ Pergola im Amtsgarten: Mithilfe von QR-Codes erzählen per Smartphone Persönlichkeiten von ihren Besuchen an der romantischen Saaleburg-Ruine.

Der Amtsgarten Halle am Standort der „Alten Burg“?

Der Amtsgarten in Halle befindet sich auf einer Porphyrkuppe, immerhin wird das Areal als Standort der „Alten Burg“ vermutet, dem Vorgänger der karolingischen Saaleburg Giebichenstein. Ursprung für die Entstehung des 3,78 Hektar großen Amtsgartens zwischen heutiger Seebener Straße und Saalepromenade war ein Obst- und Ziergarten an den Hängen der Burg Giebichenstein, die seit dem 10. Jahrhundert den Erzbischöfen von Magdeburg gehörte.

Barocke Gärten waren ‚en vogue‘

Der Amtsgarten in Halle in seiner heutigen Architektur entstand nach 1740 unter einem Amtmann mit dem schönen Namen Johann Christoph Ochs von Ochsenstein als barocke Anlage. Amtmann Ochs war wahrscheinlich auch der Namensgeber des Areals. Barocke Gärten waren die Mode. Der Amtsgarten war ganz nach französischem Vorbild durch streng rechtwinklige Wegeachsen und Alleen gegliedert und mit Springbrunnen ausgestattet.

Die formal strenge Gartenanlage des Barocks ist eine grundlegende Gestalt der traditionellen europäischen Gartenarchitektur. Danach wird meist eine zentrale Sichtachse von einem System paralleler und sich in regelmäßigen Abständen rechtwinklig und sternförmig schneidender Wege umgeben.

Die so abgetrennten Kompartimente werden durch geometrisch beschnittene Bäume und Sträucher, Hecken und Blumenbeete in ornamentalen Formen, Rasenflächen und gerne auch südländische Pflanzen gestaltet. Dazu ergänzend werden oft Akzente durch Treppenanlagen, Kanäle, Grotten, Springbrunnen, Wasserspiele und Skulpturen gesetzt. Diese barocken Elemente finden sich auch im Pestalozzipark in Halle als jüngeres Beispiel der halleschen Gartenarchitektur.

Die formal strenge Gartenanlage des Barocks ist eine grundlegende Gestalt der traditionellen europäischen Gartenarchitektur.

Saalehochwasser zerstört barocke Pracht

Die barocke Pracht am Giebichenstein endete 1773. Ein Saalehochwasser hatte weite Teile der Anlage überschwemmt und zerstört. Amtmann Heinrich Remigius Bartels und sein Sohn nutzten die Gelegenheit und ließen die Anlage im Zeitgeschmack im Stil eines Landschaftsgartens umgestalten. Der Landschaftsgarten ist die zweite große Ausprägung des europäischen Gartenbaus. Vorbild waren die Wörlitzer Anlagen und Goethes Garten in Weimar, nach denen auch der Reichards Garten errichtet wurde und deren Elemente sich auch im Landschaftspark Weinbergwiesen und auf der Peißnitzinsel Halle wiederfinden. Der Amtsgarten, bereichert durch Teiche, Grotten, Plätze und Freundschaftsurnen, stand mit dem benachbarten Reichardts Garten in harmonischem Einklang.

Der fast vier Hektar große Amtsgarten liegt auf einer Porphyrkuppe am Giebichenstein und wurde früher als Obst- und Ziergarten genutzt.

Der Amtsgarten in Halle heute öffentliche Parkanlage

1906 dann kam der Amtsgarten in Halle zusammen mit der Burg Giebichenstein in die Hand der Stadt Halle (Saale) und wurde zur einer öffentlichen Parkanlage. Stadtgartendirektor Emil Berckling schuf die Grundlage für den heutigen Amtsgarten, der von Grund auf erneuert wurde. So wurde die Römerbergkuppe kurzerhand gesprengt, um einen Aussichtspunkt zu schaffen, neue Wege und Treppen entstanden. Das Gebiet des ehemaligen Schwanenteichs wurde verfüllt und begrünt zur heutigen Amtswiese. Am terrassierten Südhang des Römerbergs entstanden Themengärten mit Rhododendron, Rosen und Zierblumen. Hier finden sich heute noch einige alte Bäume und seltene Arten wie Ginkgo, Lederhülsenbaum und Schnurbaum.

Nach 1945 wurden Teile des Amtsgartens vorsichtig rekonstruiert. Hierbei dienten die Pläne Berklings als Grundlage. Die Themengärten und der Aussichtspunkt wurden erst in den 1990er Jahren im Zuge des Projektes Gartenträume wiederhergestellt. Damals fanden in größerem Umfang Rekonstruktionsmaßnahmen an den Terrassengärten, Treppenanlagen, Wegen und Stützmauern statt. Entsprechend der Ausstattung nach Bercklings Plänen wurden zudem weiße Bänke aufgestellt.

Der Park dient heute zur Naherholung und als gartenbautechnische und kulturelle Anlage. Der Amtsgarten in Halle ist als eines von vier Objekten der Stadt Halle (Saale) in dem denkmalpflegerisch-touristischem Netzwerk „Gartenträume – Historische Parks in Sachsen-Anhalt“ vertreten. Heute befindet sich auch eine Spiel- und Kletterskulptur auf dem Gelände. Gleich neben der sprechenden Pergola.

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