Gustav Wolff baute vor allem Villen und Kaufhäuser – doch berühmt wurde er durch ein anderes populäres Bauwerk – die Galopprennbahn auf den Passendorfer Wiesen.
In diesem Teil der Serie über die in Halle wirkenden Architekten geht es zurück an den Anfang der Moderne. Nicht zum Rechten Winkel des Bauhauses also, sondern zu dessen Ausgangspunkt. Zum Deutschen Werkbund etwa. Auch der hallesche Architekt Gustav Wolff trat dem 1907 in München gegründeten Bund bei. Dessen Mitglieder, viele führende Architekten Deutschlands – auch Walter Gropius gehörte dazu – setzten sich angesichts der industriellen Produktion für die „Veredelung der gewerblichen Arbeit im Zusammenwirken von Kunst, Industrie und Handwerk“ zum Ziel. Neben den Werkbundideen verschrieb sich Gustav Wolff dem sogenannten Denkmal- und Heimatschutzgedanken.
Dieser Architekturstil der Moderne entstand mit der Gründung des Heimatschutzbundes 1904 in Dresden mit der Gartenstadt Hellerau. Er stellte die regionalen Eigenheiten der Architektur in den Vordergrund. Schmuckornamente wurden wenig verwendet, Kennzeichen waren etwa steile Satteldächer oder Walmdächer, erkerartige Anbauten und hölzerne Fensterläden. Die Gedanken von Werkbund und Heimatschutz prägen viele Bauten Wolfs in Halle. Einige seien hier vorgestellt und lassen uns auch die Entwicklung des Architekten nachvollziehen.
Im Jahr 1894 wurde ein Bauwerk Wolffs eröffnet, das in den vergangenen Tagen durch einen Terrorakt Gegenstand weltweiter Berichterstattung wurde: Halles Synagoge in der Humboldtstraße, die Wolff gemeinsam mit Theodor Lehmann geplant hat. Das Gebäude wurde ursprünglich nur als Feierhalle des im 1864 nordöstlich der Innenstadt von Halle angelegten jüdischen Friedhofs gebaut. Es handelt sich um einen schlichten Saalbau im maurischen Stil mit großen Rundbogenfenstern. Ein in der Mitte der Vorderfront vorgelagerter Turm trägt eine der charakteristischen vier Kuppeln. Die Umnutzung der Feierhalle zur Synagoge erfolgte ab 1948 als Ersatz für die während der Novemberpogrome 1938 von den Nationalsozialisten zerstörte Synagoge am heutigen Jerusalemer Platz am Großen Berlin.
Haupttribüne der Galopprennbahn ist populärstes Gebäude
Gustav Wolff baute vor allem Villen und Kaufhäuser in der Saalestadt, doch zu den populärsten Gebäuden Wolffs gehört wohl die Haupttribüne der halleschen Galopprennbahn auf den Passendorfer Wiesen. Erbaut wurde sie 1912/13 auf Initiative des Sächsisch-Thüringischen Reiter- und Pferdezuchtvereins. Die natürlich unter Denkmalschutz stehende Rennbahn verfügt über einen 2.400 Meter langen ovalen Kurs. Die Tribüne selbst ist ein wunderbares Beispiel für Sportarchitektur des späten Jugendstils. Die Tribüne ist ein 52 Meter langer und 17,5 Meter hoher Stahlbetonbau mit aktuell etwa 800 Sitzplätzen und Logen. Wolff nutzte Beton, 1912 ein neuartiger Baustoff, der die kühnen geschwungenen Formen der Moderne erst ermöglichte. Wegen der Hochwassergefahr in der Saaleaue wurde die Tribüne auf einem massiven pfeilerartigen Unterbau errichtet. Auch den starken Hochwassern in den Jahren 2002 und 2013 konnte die Rennbahn „trotzen“, beschädigt wurden 2013 vor allem die Nebengebäude und Ställe.
Dennoch musste saniert werden. Sechs Jahre dauerte es, bis nach umfangreichen Arbeiten die Schäden des Hochwassers beseitigt waren: Am 31. Oktober, vor wenigen Tagen, wurde mit dem ersten Renntag auch die sanierte Tribüne wiedereröffnet.
Villa Huth ist wichtigstes Beispiel des Neuen Bauens
Die Vielfalt von Wolffs Schaffen zeigt auch die moderne Villa Huth, Hoher Weg 13, in Kröllwitz, die er 1926 gemeinsam mit seinem Neffen Wilhelm Ulrich plante. Die Villa des Kaufhausbesitzers Adolf Huth besticht bereits aus der Ferne durch ein vorkragendes Walmdach über zwei orthogonal ausgerichteten, schlichten Baukörpern mit abgerundeten Ecken.
Das Gebäude besteht aus einem nach außen nicht sichtbar getrennten Wohn- und einem Bedienstetenflügel, die sich um eine kreisförmige Diele gruppieren. Die Repräsentations- und Wohnräume sind in den Obergeschossen angeordnet. Das Haus Huth nahm in seiner Architektur Anleihen an Frank Lloyd Wrights und Erich Mendelsohns zeitgenössischen Villenbau. Es zählt zu den wichtigen Beispielen des Neuen Bauens auf dem Gebiet in der Stadt Halle (Saale).
Neoklassizistisches Kaufhaus Assmann
Nur zwei Jahre später entwarfen die Architekten Wilhelm Ulrich und Gustav Wolff für Adolf Huth ein eindrucksvolles Warenhaus am Markt, das heute nicht mehr existiert. Noch immer jedoch steht das einstige Kaufhaus Assmann in der Großen Ulrichstraße 49, das 1912 nach Plänen Wolffs an Stelle eines gründerzeitlichen Wohn- und Geschäftshauses errichtet wurde. Der Turmbau mit Kuppel und streng gegliederter Rasterfassade in neoklassizistischen Formen beherrscht die Straße vor dem heutigen Neuen Theater.