Seit drei Jahren folgt ein Rekordsommer dem Nächsten. Hitzetage, Dürre und Temperaturen von weit über 30°C sind zuletzt eher die Regel und nicht die Ausnahme. Laut Bundesumweltministerium muss sich Deutschland auf höhere Temperaturen einstellen. Es ist „mit einem weiteren Anstieg der Jahresmitteltemperatur um etwa 1,5°C bis 3,7°C zu rechnen“. Auch die Anzahl, Dauer und Intensität sommerlicher und heißer Tage wird weiter zunehmen. Die Lösung für Immobilien könnte eine Fassadenbegrünung sein
Ein Szenario, auf das sich Verantwortliche im Bereich der Stadt-, Raum- und Gebäudeplanung, aber auch private Immobilienbesitzer zukünftig einstellen müssen. Lösungsansätze sind gefragt, wie trotz steigender Temperaturen ein erträgliches Stadtklima geschaffen werden kann. Um Städte langfristig tolerant gegenüber Hitzeereignissen zu entwickeln empfiehlt das Bundesumweltministerium auch regionale Maßnahmen zur Förderung einer Dach- oder Fassadenbegrünung.
Es ist angenehm kühl, wenn man das kleine Reihenhaus von Hartmut Reinhardt in Halles Süden betritt. Das Haus ist ein echter Blickfang. Wilder Wein wuchert an der Hausfassade bis zum Giebel. Die Fenster sind säuberlich freigeschnitten, ebenso die Dachrinnen. An den Fenstern vermischt sich das Weinlaub mit den roten Geranien der Balkonkästen – eine wahre Blütenpracht! „Seit circa fünf Jahren sind West- und Südseite komplett mit wildem Wein bedeckt“, erklärt Reinhardt.
Im Sommer ist es auch ohne Dämmung der Hausfassade angenehm kühl. Im Winter, wenn das Laub weg ist, trägt die dunkle Fassade dazu bei, dass die wärmenden Sonnenstrahlen optimal genutzt werden. Ein Modell, das Nachahmer finden wird, sollten sich weitere Rekordsommer einstellen.
„Grünpflanzen an Fassaden oder auf Dächern verbessern die Luftqualität, indem sie Sauerstoff produzieren und Kohlendioxid und Feinstaub binden. Sie verhindern, dass sich Mauerwerk und Wände stark aufheizen und dienen so im Sommer als natürlicher Wärmeschutz“
Sven Taraba, Inhaber der Firma FassadenGrün aus Leipzig
Klimaschutz, Wärmeschutz oder Sichtschutz – die Vorteile sind vielfältig
„Die Vorteile der Fassadenbegrünung oder einer Dachbegrünung liegen auf der Hand“, erklärt Sven Taraba, Inhaber der Firma FassadenGrün aus Leipzig. „Grünpflanzen an Fassaden oder auf Dächern verbessern die Luftqualität, indem sie Sauerstoff produzieren und Kohlendioxid und Feinstaub binden. Sie verhindern, dass sich Mauerwerk und Wände stark aufheizen und dienen so im Sommer als natürlicher Wärmeschutz“.
Die Kombination aus Verdunstungskälte, sowie Aufnahme und Reflektion der Sonnenstrahlen sorgt im Sommer für eine Reduktion der Wärmebelastung: der Kühlbedarf in den Gebäuden sinkt. Darüber hinaus kann eine Begrünung auch als Sichtschutz dienen, in Teilen sogar Geräuschkulissen inner- und außerhalb von Gebäuden mindern.
Know-how ist bei Fassadenbegrünung gefragt
Wer mit dem Gedanken spielt, sich die positiven Eigenschaften einer Fassadenbegrünung zu Nutze zu machen, sollte jedoch einige Dinge beachten. „Kletter- und Schlingpflanzen benötigen entsprechende Rankgitter oder Befestigungen, die zur jeweiligen Fassade des Hauses passen und erfordern Planung“, so Taraba abschließend. Denn nichts ist ärgerlicher, als wenn im Nachgang zusätzliche Kosten durch unsachgemäße Umsetzung einer Fassadenbegrünung entstehen oder gar Schäden am Gebäude zu befürchten sind.
Das Thema Fassadenbegrünung ist jedoch nicht nur für den Privateigentümer interessant. Auch bei der Bau- und Wohnungsgenossenschaft Halle-Merseburg (BWG) wird die Begrünung von Fassaden diskutiert und geprüft. „Als innovatives Wohnungsunternehmen beschäftigen wir uns natürlich mit dem Thema Fassadenbegrünung unserer Gebäude“, macht Lutz Haake, Vorstand der BWG Halle-Merseburg e.G., deutlich. „Sowohl aus energie-, klima- aber auch bauästhetischen Gründen ist das Thema Gegenstand der Diskussion bei der BWG“, so Haake. Allerdings müssen die Kosten für die Anschaffung und Pflege in einem wirtschaftlich vertretbaren Verhältnis stehen.
„Als innovatives Wohnungsunternehmen beschäftigen wir uns natürlich mit dem Thema Fassadenbegrünung unserer Gebäude“
Lutz Haake, Vorstand der BWG Halle-Merseburg e.G.
Geeignete Pflanzen für die Fassadenbegrünung
Nicht alle Pflanzen eignen sich gleichermaßen gut für die Begrünung von Fassaden oder als Sichtschutz an Zäunen oder Carports. Wer eine schwarzäugige Susanne oder eine Gartenwicke an den Zaun setzt, hat eben nur saisonbedingt und bis zum ersten Frost etwas von der Blütenpracht.
Bei einer Fassadenbegrünung sollte zudem bedacht werden, ob es ein immergrünes Gewächs sein soll oder auch ein laubabwerfendes in Frage kommt. Ebenso muss geplant werden, ob eine Fassade komplett oder nur Teilbereiche begrünt werden. Auch hat jede Pflanze ihre ganz eigenen Anforderungen an Licht, Boden, Wasser- und Nährstoffversorgung.
Bauschäden durch Begrünung verhindern
Um Schäden an Fassade oder Gebäude durch Pflanzenbegrünung vorzubeugen, sollte nicht wahllos eingekauft und begrünt werden. Nicht jede Pflanze passt gleichermaßen gut zur vorhandenen Fassade. Efeu bspw. dringt mit seinen Haftwurzeln in kleinste Fugen und Ritzen des Mauerwerks vor und kann dieses beschädigen. Die Ausführung der Fassade muss dementsprechend massiv sein, aus Beton oder festem Mauerwerk bestehen und mit intaktem und tragfähigem Putz versehen sein.
Bei Häusern mit einem Wärmedämmverbundsystem dürfen z.B. keine Selbstklimmer wie Efeu aufgebracht werden, da die Statik sonst nicht ausreichen würde. Schling- und Kletterpflanzen hingegen benötigen Rankhilfen oder Gestelle, um überhaupt eine entsprechende Höhe zu erreichen.
Auch Absturzsicherungen können notwendig sein, denn bestimmte Arten erreichen nach einigen Jahren eine stattliche Größe. Auf Dauer entsteht hier ein hohes Gewicht und die Pflanzen bieten eine große Angriffsfläche für Wind. Im Bereich des Bodens gibt es ebenfalls einige Dinge zu beachten. So müssen Erdreich und Haus durch eine Grundmauerschutzmatte voneinander getrennt werden, um Schäden an der Grundmauer zu verhindern.
Förderung von Fassadenbegrünung auch in Halle möglich
Seit Ende 2017 wird die Fassadenbegrünung auch durch die Stadt Halle gefördert. Es können Kosten für das Pflanzgut einer Fassadenbegrünung mit maximal 300 Euro je Gebäudebegrünungsprojekt geltend gemacht werden.
Nicht gefördert werden Rankhilfen und die Arbeitsleistung für die Bepflanzung. Fassadenbegrünungen an Gebäuden, die dem Denkmalschutz unterliegen, sind zudem mit der unteren Denkmalschutzbehörde abzustimmen. Bei straßenseitigen Pflanzungen ist ggf. auch eine Aufbruchgenehmigung durch den Fachbereich Tiefbau der Stadt Halle erforderlich.